THERAPIEN FÜR KINDER & JUGENDLICHE
Eine spezifische Sprachentwicklungsstörung kann als eigenständiges Störungsbild ohne eine primäre Erkrankung existieren und vor Abschluss des Spracherwerbs (auch bei Mehrsprachigkeit) auftreten. Die Haupterwerbsschritte der Sprachentwicklung sollten mit 4 Jahren abgeschlossen sein. Symptome können sich auf der Ebene der Aussprache (phonologische Störungen und/oder Artikulationsstörungen), im Bereich des Wortschatzes und/oder auf grammatischer Ebene zeigen.
Sprachentwicklungsstörungen im Rahmen primärer Störungsbilder (SES)
Sprachentwicklungsstörungen können auch als Folge anderer primärer Störungen auftreten. Dies ist beispielsweise bei Einschränkungen der sensorischen Fähigkeiten (z.B. Hör- oder Sehstörungen) zu erwarten, bei genetischen Syndromen (z.B. Down Syndrom) oder bei Kindern mit physiologisch beeinträchtigten Artikulationsorganen (z.B. LKGS).
Zum anderen können Sprachentwicklungsstörungen auch als eigenständiges Störungsbild ohne primäre Krankheitsbilder existieren.
Im Bereich der kindlichen Aussprache wird in erster Linie zwischen phonetischen Störungen (Dyslalien, Artikulationsstörungen) und phonologischen Störungen unterschieden. Beide Störungen kommen auch in Kombination miteinander vor.
Dyslalien sind Sprechstörungen. Der Sprachlaut an sich kann nicht korrekt oder störungsfrei gebildet werden. Am häufigsten sind im Deutschen die Zischlaute davon betroffen. Diese artikulatorische Auffälligkeit wird auch als „Sigmatismus“ (Lispeln) bezeichnet und kommt in verschiedenen Ausprägungen vor. Davon sind phonologische Störungen abzugrenzen, die dazu führen, dass Laute nicht an der korrekten Position im Wort verwendet werden können. Der Sprachlaut an sich kann korrekt gebildet werden, aber die Aussprache bzw. Verwendung des Lautes gelingt im sprachlichen Kontext nicht störungsfrei. Ein Kind kann beispielsweise den Laut [k] isoliert bilden, aber ersetzt ihn im sprachlichen Zusammenhang durch [t] und sagt so „Tanne“ statt „Kanne“. Phonologische Störungen treten häufig in Verbindung mit anderen sprachlichen Störungsphänomenen als Merkmal einer spezifischen Sprachentwicklungsstörung (SSES) auf. Weitere kindliche Aussprachestörungen sind verbale Entwicklungsdyspraxien und kindliche Dysarthrien, die allerdings wesentlich seltener als die beiden oben genannten Störungen vorkommen. Sie sind neurologisch bzw. (senso-) motorisch bedingt.
Die auditive Wahrnehmung ist die Basis für die sogenannte phonologische Bewusstheit, bei der es ausschließlich um die Verarbeitung sprachlichen Materials geht.
Das Störungsbild Stottern zählt zu den Redeflussstörungen. Es ist eine Störung des Sprechens, welche durch häufige Unterbrechungen des Sprechablaufs mit Pausen vor Wörtern, Silben und Lauten sowie Laut- und Silbenwiederholungen (z.B. k-k-k-kannst) und Dehnungen (z.B. mmmmeine) gekennzeichnet ist. Aber nicht jede Sprechunflüssigkeit zählt zum Störungsbild Stottern, da es zu entwicklungsbedingten Sprechunflüssigkeiten kommen kann. Das typische Alter für den Beginn des Stotterns liegt zwischen dem 3. und 6. Lebensjahr.
Das Störungsbild Poltern zählt ebenfalls zu den Redeflussstörungen. Es ist eine Störung des Sprechens, welche vor allem durch ein erhöhtes oder stark variierendes Sprechtempo gekennzeichnet ist. Darüber hinaus treten Auslassungen und Verschmelzungen von Lauten und Silben, Lautersetzungen oder -veränderungen sowie Wiederholungen von Silben, Wörtern oder Satzteilen auf. Der „Polterer“ ist dadurch meist sehr schwer verständlich. Begleitend zeigen sich häufig Auffälligkeiten in der Betonung und Pausensetzung sowie bei der Bildung von komplexen Satzstrukturen. Poltern zeigt sich häufig zwischen dem Vorschulalter und dem frühen Schulalter mit einer Verstärkung der Symptomatik in der Pubertät.
Dieser Begriff bezeichnet hörbar auffällige Veränderungen des Stimmklangs (z. B. Heiserkeit) bei Kindern, die länger als ca. 3 Monate andauern und mit Einschränkungen der allgemeinen Stimmleistung einhergehen. Die häufigste Form der Stimmstörung bei Kindern, die sogenannte „hyperfunktionelle Dysphonie“, beruht auf einer permanenten Überbeanspruchung der Stimme, wodurch es zu organischen Veränderungen an Kehlkopf und Stimmlippen (z.B. „Schreiknötchen“) kommen kann. Hierzu zählen auch die Mutationsstörungen.
Mutationsstörungen beruhen auf einem gestörten Zusammenspiel der Kehlkopfmuskeln in der Zeit des Übergangs von der Kinder- zur Erwachsenenstimme mit etwa 12 bis 14 Jahren, dem sogenannten Stimmbruch. Dabei sinkt die mittlere Sprechstimmlage bei Jungen um etwa 8 Töne (eine Oktave), bei Mädchen etwa um 3 Töne (eine Terz). Obwohl beide Geschlechter diesen Übergang mitmachen, ist er besonders bei den Jungen deutlicher zu beobachten. Beim Sprechen kommt es dann häufig zu den sogenannten Registersprüngen, d.h. die Stimme »kickst« und schwankt zwischen der Kinder- und Erwachsenenstimme hin und her. Von einer Mutationsstörung im Sinne einer Stimmstörung spricht man erst dann, wenn dieser Übergang zu lange andauert bzw. wenn die Mutationsphänomene noch bei (jugendlichen) Erwachsenen zu beobachten sind.